Offener Brief

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Tschentscher, sehr geehrter Herr Senator Rabe, inzwischen rollt die Debatte über Öffnungsstrategien fast genauso schnell wie die Omikronwelle. Und schon in den ersten Überlegungen spielen unsere Kinder kaum eine Rolle. Seit nun schon zwei Jahren unterliegen die Schüler*innen in Hamburg den am längsten anhaltenden und umfassendsten Regulierungen an den Schulen deutschlandweit – ohne Pause. Führende Wissenschaftler und Virologen sind sich einig, dass die Omikron-Variante sehr viel harmloser ist als Vorherige (siehe neuste Studie der University of California)1 . Insbesondere und auch für Kinder. Ebenso ist die Tatsache, dass sich wohl die meisten einmal mit dem Virus infizieren müssen, damit eine Endemie eingeleitet werden kann, inzwischen Konsens. Einer dieser Experten ist Prof. Dr. Ansgar Lohse, Sprecher der AG Infektionsforschung und Gesellschaft in der Hamburger Akademie der Wissenschaften und Klinikdirektor am UKE. Er hat jüngst im Hamburger Abendblatt gesagt, dass vor allem in den Schulen gelockert und dort auf regelmäßige Tests verzichtet werden soll, wenn die Welle jetzt abebbt. Das Schul- und Kindergartenpersonal habe inzwischen einen sehr guten Impfschutz, sodass wir heute viel gelassener sein könnten.2 Viele Maßnahmen waren in einer Zeit der Unwissenheit und Unsicherheit im Umgang mit dem neuen Virus sicherlich richtig und zu Beginn ein Mittel, die unbekannte Gefahr zu regulieren. Umfassende und immer wieder aktualisierte medizinische Erkenntnisse weichen jedoch schon lange in vielen Aspekten von der Realität in den Schulen ab. Während die Einschränkungen in der Erwachsenenwelt an aktuelle Gegebenheiten angepasst wurden, gab es in den Schulen eine solche Anpassung nicht. Vor dem Hintergrund neuster Prognosen und den vom RKI veröffentlichten Zahlen zu Infektionen im Schulumfeld an Hamburger Schulen3 , ist es endlich Zeit, an Lockerungen für die Kinder und Jugendlichen zu denken. Inzwischen wird jedem Kind ab fünf Jahren auch ohne Stiko-Empfehlung eine Impfung angeboten. Und das bereits seit Dezember. Es gibt ein großes städtisches Terminkontingent und auch umfassende, teils offene Angebote bei den meisten Kinderärzten. Dies ist der Zeitpunkt, Pläne für die Schulen zurück zu einer echten Normalität anzugehen. Jede Familie hat nun die Wahl, ihr Kind impfen zu lassen oder dieses Angebot abzulehnen. Einem normalen Schulalltag ohne dauerhaftes Maskentragen, Kohortenzwang und für Kinder völlig widernatürliches Abstandhalten steht nichts mehr im Wege. Wir fordern Sie auf, die Schüler*innen in der kommenden Öffnungsdebatte vor Fußballstadien und Konzerthäusern zu priorisieren und den vielen Erkenntnissen über die psychischen Belastungen der Pandemie-Maßnahmen für Kinder endlich Rechnung zu tragen. Diese Generation hat es verdient, wieder einen unbeschwerten und freien Schulalltag zu leben, der für so viele Aspekte ihrer sozialen und emotionalen Entwicklung unglaublich wichtig ist. Unsere Kinder sind nach zwei Jahren nicht mehr in der Verantwortung, andere vulnerable Gruppen zu schützen. Die Tatsache, dass die meisten Erwachsenen inzwischen geimpft oder genesen sind, möchten wir endlich berücksichtigt wissen. Wir bitten Sie zudem um konkrete Ausstiegstermine hin zu einer Normalisierung und um eine offene Kommunikation mit allen Eltern. Wie planen Sie den Schulalltag in den kommenden drei Monaten zu gestalten? Wann werden welche Maßnahmen für die Schüler*innen fallen?

In hoffnungsvoller Erwartung Ihrer Antwort verbleiben wir mit freundlichen Grüßen, Elternrat Grundschule …

Kommunikation des Strategiewechsels