Gestern habe ich mich mutig, nach einem Blick auf die Wetter App, das Haus verlassen. Ohne Jacke, die App zeigte knallrot an. Mir ist es zu frisch gewesen. Irgendjemand hat wohl die App verstellt. Bei unserem örtlichen Lebensmittel Dealer gibt es ein kleines Plätzchen, geschützt vor Wind und es liegt im Sonnenschein. Meine Idee, mir im Sitzen, entspannt eine Tasse Kaffee zu genießen, habe ich mir gegönnt. Kurzfristig wurde ich gebeten, auf ein paar Einkaufstaschen aufzupassen. Das habe ich getan. Der Taschenbesitzer kam mit einem Kaffee zurück, setzte sich an einen anderen Tisch und führte Selbstgespräche. Mein Tasse Kaffee ist schon halbleer gewesen. Sekunden später zog der typische Geruch von „Kräuterzigaretten“ an mir vorbei. Cannabis ist ja seit dem 1.4. des Jahres endlich legal. Ich mag den Geruch nicht und bin kein Konsument. Ich habe einige Menschen in meinem Umfeld verloren, die bis heute Konsumenten sind. Sie sind stolz darauf, dass sie, mittlerweile zwischen 45 und 55 Jahren, seit ihrem 14.Lebensjahr kiffen. Ohne Tüte geht es nicht zur Arbeit. Es sind Nachbarn, die in Lohn und Brot stehen und ohne Tüte nicht aus dem Haus gehen. Mit ihnen habe ich ein künstlerisches Projekt auf die Beine gestellt. Demokratisch wurde alles besprochen. Da es sich um ein Projekt mit Minderjährigen gegangen ist, haben wir vereinbart, auf Konsum während des Projektes zu verzichten. Jetzt nutze ich einen Satz, den ich heute gelesen habe, und der passend ist. Kritik ist Stimmung gegen die Demokratie. So ist nach vielen Diskursen ein miteinander zerbrochen. Alte, nicht kritikfähige Muschis, die zurück an ihre Tüte mussten, nicht in der Lage, sich an getroffenen Vereinbarungen zu halten. Im Berufsleben haben sie es gerade die Schicht ausgehalten. Das ist für mein Leben die letzte Erfahrung und Bereitschaft, mit Konsumenten etwas gemeinsam zu gestalten. meinem Mietshaus riecht es intensiv nach dem Zeug. Mir wird davon übel. Ich freue mich schon auf den Sommer. Nachbarn beschweren sich, wenn gegrillt wird. Nun wird es viele Abende mit diesem Aroma geben. Jahrelang haben Dunstwolken über unserem Park gehangen; Anwohner haben sich über den Geruch beschwert und es hat oft Drogen Razzien gegeben. Herr Tchentscher/Bürgermeister hat für die Bediensteten der Stadt einen Rundbrief herausgegeben. Er hat darauf hingewiesen, dass während der Arbeit nichts konsumiert werden dürfe. Ich bin nun gespannt auf die wärmeren Tage. Das Wort Toleranz wird wieder extrem strapaziert werden. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es Toleranz nicht gibt. Wäre sie existent, würde es dieses Wort in unserer Sprache nicht geben. Es sind so viele Werte in der letzten Zeit unwahrscheinlich schnell verloren gegangen. Als Rentner in unserem Land, kann ich ein Lied davon singen. Davon singe ich später.

Die Stadtschreiberin